Gebietsfremde und rückkehrende Tierarten: Text 18 - 28.02.2025: Invasive Meerestiere: Fische (Rotfeuerfisch, Hasenkopf-Kugelfisch u.v.a.) und Quallen
Eingetragen von: HarHilAAn 28.02.2025 13:40:00 38 LesenFische sind in erstaunlichem Maße wanderungsmäßig aktiv und haben ein großes Ausbreitungspotential. Ihre Verbreitung erfolgt über
- die natürliche Ausbreitung z.B. bei Änderung von Temperaturen oder des Salzgehaltes, Einschwemmen von Wasser (z.B. Aus der Nord- in die Ostsee),
- eine unbeabsichtigte Verbreitung durch Aufnehmen und Ablassen von Ballastwasser,
- die Verbreitung von Laich durch Wasservögel,
- Fehleinschätzungen der Nutzbarkeit von Fischarten zur Verbesserung der Gewässerqualität (wie z.B. der asiatischen Karpfen),
- die Verbreitung durch Freisetzungen aus Fischzuchten und -haltungen bei Katastrophen wie Überschwemmungen und Wirbelstürmen,
- die Verbreitung durch unverantwortliche Aquarianer und Teichbesitzer,
- die Verbreitung und Nutzung von Fischen zur Krankheitsbekämpfung,
- den Fischeinsatz für Angler und Sportfischer und
- die Verbreitung über Verbindungskanäle von Gewässern.
Neben Süßwasserfischen (darunter auch beliebten Zierfischen) trifft dies insbesondere auch auf Meeresfische und andere Meerestiere wie Quallen zu.
Rotfeuerfische im Atlantik und im Mittelmeer sowie Hasenkopf-Kugelfische im Mittelmeer gehören zu den bekanntesten Beispielen invasiver Meeresfische (Salzwasserfische).
Der pazifische Rotfeuerfisch (Pterois volitans) war ursprünglich nur im Pazifischen Ozean zwischen Malaysia, Neukaledonien und Japan verbreitet und wird bis zu 38 Zentimeter groß. Sein typischer Lebensraum sind Lagunen und Außenriffe. Wegen seines attraktiven Aussehens ist er bei Meeresaquarianern sehr beliebt und wird auch häufig in Schauaquarien gezeigt. Ich kann mich selbst noch an das Angebot von Fischen dieser Art in der staatlichen Zootierhandlung „Zoologica“ der DDR in Berlin in den 1970er/1980er Jahren erinnern.
Seit Ende des 20. Jahrhunderts wird er als invasive Art auch im westlichen Nordatlantik von der Küste Floridas bis North Carolina beobachtet, wo er vermutlich von Aquarianern ausgesetzt wurde. Möglicherweise wurde er aber auch über Ballastwasser eingeschleppt. Die stacheligen Stacheln der Flossen enthalten ein starkes Gift, das für Menschen sehr schmerzhaft und auch lebensbedrohend sein kann, wie der bekannte Zootierhändler Norbert Zajac aus eigener Erfahrung in einem sehenswerten YouTube-Video sehr anschaulich berichtete. Die Art hat deshalb in neuen Verbreitungsgebieten kaum Fressfeinde.
Der erste Rotfeuerfisch im Mittelmeerraum wurde bereits 1991 vor der Küste Israels nachgewiesen. Möglicherweise kamen die Tiere über den Suezkanal, der das Mittelmeer mit dem Roten Meer, einem Nebenmeer des Indischen Ozeans zwischen Nordost-Afrika und der Arabischen Halbinsel, verbindet. Dieser 1869 fertiggestellte schleusenlose Kanal mit gegenwärtig fast 200 Kilometer langen ausgebaggerten Fahrrinnen erspart der Seeschifffahrt zwischen Nordatlantik und Indischem Ozean den Weg um Afrika herum. Rund 12 Prozent des weltweiten Seehandels werden aktuell hierüber abgewickelt. Über die Jahre wurden immer wieder neue Kanalabschnitte eröffnet und die Fahrrinnen vertieft.
Erstmals wurden die Rotfeuerfische durch die EU im Jahr 2016 als invasiv eingestuft. Inzwischen hat sich der Rotfeuerfisch in einem großen Teil des östlichen Mittelmeers erfolgreich ausgebreitet und etabliert.
Taucher berichten mittlerweile auch aus Kreta (Griechenland) über das zahlreiche Vorkommen dieser Fische.
++++++++++++
Zu den Kugelfischen gehören etwa 200 Arten in tropischen und warmen Meeren. Ihre Körperlänge beträgt zwischen 2 Zentimetern beim Zwerg- oder Erbsenkugelfisch (Carinotetraodon travancoricus) und 120 Zentimetern beim Riesenkugelfisch (Arothron stellatus).
Die Körperform ist eiförmig oder rund wie eine Kugel, das Gebiss erinnert an einen Schnabel. Bei Gefahr können sich Kugelfische aufpumpen und so mit aufgestellten Stacheln ihr Volumen erheblich vergrößern.
Obwohl immer wieder tödliche Vergiftungen gemeldet werden, zählt zubereiteter Kugelfisch (auch als Fugu bekannt) in Japan, Korea und China zu den Delikatessen. Der enthaltene Giftstoff Tetrodotoxin (TTX) kann 1.200 Mal stärker als Cyanid sein.
Auch als Aquarienfisch im Süß-, Brack- oder Meerwasseraquarium finden kleinere Arten immer wieder Verwendung.
Der Hasenkopf-Kugelfisch (Lagocephalus sceleratus), ursprünglich nur im Indopazifik und im Roten Meer vorkommend, hat sich seit 2003 auch ins Mittelmeer und seit 2014 wohl auch auch ins Schwarze Meer ausgebreitet. Ins westliche Mittelmeer gelangte auch er über den Suezkanal, der das Rote Meer mit dem Mittelmeer verbindet. Eine Ausbreitung in den Atlantik ausgehend von Vorkommen in der Straße von Gibraltar wird befürchtet und als durchaus möglich angesehen.
Die Färbung dieser Fische ist am Rücken grünlich mit braunen oder schwarzen Flecken. Vom Maul bis zur tief gegabelten Schwanzflosse verläuft seitlich ein silberfarbenes Band, der Bauch ist weiß.
Die Art wird bis 40 Zentimeter (in Ausnahmefällen bis 100 Zentimeter) lang und bis sieben Kilogramm (in Ausnahmefällen bis neun Kilogramm) schwer. Sie ernährt sich von Wirbellosen und Fischen, darunter auch wirtschaftlich bedeutende Arten wie Tintenfische, Kraken (Oktopus), Krabben und Shrimps.
Fänge wurden u.a. von den Küsten der Türkei, Griechenlands und Kroatiens (Adria) gemeldet. Mit der zunehmenden Erwärmung des Mittelmeeres breitet sich der Hasenkopf-Kugelfisch weiter aus.
Mit der Ausbreitung verbundene Gefahren und Probleme sind:
- Auch dieser Kugelfisch ist stark giftig: Das Gift befindet sich auf den Schuppen des Fisches, aber vor allem in den Keimdrüsen und in der Leber. Eine Dosis von nur ein bis zwei Milligramm kann bereits tödlich sein. In Griechenland wie auch in der Türkei breitet sich der Kugelfisch schon seit einiger Zeit immer mehr aus und sorgte dort bereits für Todesfälle unter Hobbyanglern. Diese verspeisten gefangene Kugelfische, ohne um deren extrem hohe Giftigkeit zu wissen.
- Urlauber und Urlauberinnen sowie Einheimische sollten deshalb auf typische Merkmale achten: Eine kantige Schnauze, scharfe Schneidezähne und ein silberner Streifen an der Seite eines Fisches können auf den gefährlichen Kugelfisch hinweisen.
- Besonders unbeliebt sind diese Fische für Fischer auch, da ihre scharfen Zähne nicht nur Netze zerstören, sondern sie oft auch die Beute vom Haken und aus den Fischernetzen erbeuten.
- Jüngere Fische halten sich gern auf Sandboden auf - somit auch an Stränden, die gern zum Baden genutzt werden. Menschen am Strand sind trotzdem zumeist nur einer geringen Gefahr ausgesetzt, da der Fisch sehr scheu ist (einer Neunjährigen musste allerdings 2019 in der südlichen Provinz Mersin nach einem Biss ein Teil des Fingers entfernt werden).
- Ohne natürliche Feinde in den neuen Gewässern können sich diese Fische erheblich vermehren und so die Artenvielfalt gefährden. Laut „Geo“ haben Fischer in Antalya täglich bereits fast eintausend Fische dieser Art in ihren Netzen.
Aus den genannten Gründen setzte die türkische Regierung im Jahr 2021 auf Hasenkopf-Kugelfische ein Kopfgeld in Höhe von fünf Lira pro Tier aus.
++++++++++++
Auch über den Panamakanal, der den Pazifischen mit dem Atlantischen Ozean verbindet, breiten sich invasive Meerestiere aus.
Der Panamakanal ist eine künstliche etwa 82 km lange Wasserstraße mit Schleusen, die die Landenge von Panama in Mittelamerika durchquert und so den Atlantik mit dem Pazifik für die Schifffahrt verbindet. Sie erspart die sehr viel längere und gefährlichere und damit auch teurere Fahrt um die Südspitze Südamerikas (das Kap Hoorn oder durch die Magellanstraße). Die durch den Panamakanal transportierte Warenmenge entspricht etwa fünf Prozent des gesamten weltweiten Seefrachtverkehrs.
Seit der über einhundert Jahre alte Kanal bis 2016 für größere Schiffe ausgebaut wurde, siedeln sich in ihm immer mehr Meeresfische an. Teil des Kanals ist der künstliche 423 km² große Süßwasserstausee Gatún, wo sich die Fischpopulation laut einem deutsch-amerikanischen Forscherteam deutlich verändert hat. Vor allem die Zahl großer Raubfische wie dem Atlantischen Tarpun (Megalops atlanticus), einem maximal 2,5 Meter lang werdenden fisch- und krabbenfressenden Knochenfisch, ist deutlich gestiegen.
Die marinen Fische machten vor der Kanalerweiterung nur 26 Prozent des Fischbestandes aus, danach sind es 76 Prozent der Gesamtmasse an Fischen. Von diesen Arten im See, die üblicherweise vor allem im Meer zu finden sind, stammten 18 aus dem Atlantik und 5 aus dem Pazifik. Der Anteil der Süßwasser-Fischarten ist dementsprechend deutlich zurückgegangen.
Mit der Erweiterung des Panamakanals wurden die Schleusen größer. Jedes Mal, wenn ein Schiff hindurchfährt, fließt nun mehr Süßwasser ins Meer und mehr Salzwasser in den Kanal als zuvor. Der Kanal versalzt so zunehmend und auch immer mehr Meeresfische gelangen hinein.
Dadurch ist auch das Risiko gestiegen, dass einige Arten den Kanal vollständig durchqueren und den gegenüberliegenden Ozean besiedeln. Die meisten der betroffenen Meeresfische sind Räuber und fressen andere Fische, was dann das Ökosystem (insbesondere auch die Nahrungskette) verändert. Eine Population des Atlantischen Tarpuns ist so vor Panama im Pazifik bereits entstanden.
Der Kanal wird auch von starken Stürmen bedroht. Diese könnten im Katastrophenfall Schleusen überfluten und Dämme einreißen. Der Kanal und sein Stausee wiederum könnten sich dann dadurch in den Atlantik entleeren.
Die Veränderung des Salzgehaltes und der Fischpopulation im Gatúnsee haben erhebliche Auswirkungen auf das dortige Ökosystem mit vielfältigen Folgen für die Fauna und Flora und auch für die Menschen. Zu den wichtigsten Folgen zählen:
1. Die Verdrängung von Süßwasserarten: Der Anteil der Süßwasserfischarten ist deutlich zurückgegangen, da die neuen marinen Arten die veränderten Umweltbedingungen besser vertragen.
2. Die Veränderung von Flora und Fauna auf angrenzenden Gebieten: Die zunehmende Versalzung des Kanals zieht auch gravierende Veränderungen der Pflanzenwelt (Flora) in den angrenzenden Gebieten nach sich. Dies führt dann auch zu entsprechenden Veränderungen in der Tierwelt (Fauna).
3. Die Veränderung der Nahrungskette: Die neuen marinen Fischarten, insbesondere die großen Raubfische wie der Atlantische Tarpun, haben die Nahrungskette im See erheblich verändert. Diese Raubfische fressen andere Fische und gefährden dadurch das bisherige ökologische Gleichgewicht.
4. Die Auswirkungen auf die lokale Fischerei: Die Veränderungen in der Nahrungskette und die Verdrängung von Süßwasserarten haben große Auswirkungen auf die lokale Fischerei. Traditionelle Fischbestände können abnehmen, was die wirtschaftliche Grundlage der lokalen Fischer bedroht.
5. Die Veränderung von Acker- und Gartenbau auf angrenzenden Gebieten: Die zunehmende Versalzung des Kanals bewirkt auch eine Veränderung der Bedingungen für die acker- und gartenbauliche Nutzung und damit die wirtschaftlichen Möglichkeiten der dort lebenden Menschen.
6. Die Ausbreitung von Arten in bisher unbesiedelte Ozeane: Es besteht die Gefahr, dass weitere marine Arten den Kanal passieren und den gegenüberliegenden Ozean besiedeln (wie es durch die Ansiedlung des Atlantischen Tarpuns im Pazifik bereits geschehen ist).
Diese Veränderungen zeigen wieder einmal, welche tiefgreifenden Folgen menschliche Eingriffe in natürliche Systeme haben können und wie wichtig es ist, die oft sehr komplexen ökologischen Folgen solcher Projekte zu prognostizieren und negativen Folgen für die Fauna und Flora durch geeignete Maßnahmen möglichst vorzubeugen.
++++++++++++
Haie (Haifische) gehören zur Überklasse der Knorpelfische (Chondrichthyes). Haie schwimmen seit 400 Millionen Jahren in den Weltmeeren, über 500 Arten sind heute bekannt.
Die „Schutzstation Wattenmeer“ nennt für den deutschen Teil der Nordsee insgesamt 11 Arten von Haien als heimisch, davon kommen jedoch nur zwei Arten wirklich dauerhaft vor: Der maximal zwei Meter lange Hundshai (Galeorhinus galeus)und der Kleingefleckte Katzenhai (Scyliorhinus canicula), zumeist kleiner als einen Meter, sind fest etabliert und relativ häufig zu sehen.
Der einen Meter lange Dornhai (Squalus acanthias) und der maximal nur knapp anderthalb Meter lang werdende Weißgefleckte Glatthai (Mustelus asterias) werden dagegen wie der maximal über drei Meter große und über 200 Kilogramm schwer Heringshai (Lamna nasus) nur (noch) sehr selten beobachtet.
Diese Hai-Arten, die etabliert oder auch nur selten in den deutschen Meeren (im deutschen Teil der Nordsee sowie der Ostsee) schwimmen, sind eindeutig nicht gefährlich für Menschen. Sie ernähren sich von Fischen und Krebsen und haben Angst vor dem Menschen. Gefährliche Angriffe auf Menschen sind bisher nicht bekannt. Allerdings wird der Heringshai - der äußerlich an den mit ihm verwandten Weißen Hai (Carcharodon carcharias) erinnert - aufgrund seiner Größe als für Menschen potenziell gefährlich eingestuft.
Für Dornhaie gilt ein EU-weites Fangverbot für die Nordsee.
Schillerlocke, Seeaal und Steinlachs (Rock Salmon) als Dornhai-Produkte dürfen in der EU aber gehandelt werden, sofern sie nicht aus EU-Fischerei stammen.
Als Durchzügler werden neben den fünf genannten weitere 13 Haiarten immer wieder mal in der Nordsee gesehen, darunter:
Blauhaie (Carcharhinus glaucus, syn. Prionace glauca) bis zu 3,40 Meter lang (selten auch über vier Meter) und wiegen bis knapp über 200 Kilogramm. Der Blauhai wird als eine der für den Menschen potentiell gefährlichen Haiarten angesehen. Allerdings leben sie eigentlich in küstenfernen ozeanischen Gewässern. Als Sommergast kann sich der Blauhai jedoch auch mal in die Nordsee verirren (so Ende 2017 vor Sylt oder im Herbst 2020 am Strand von Spiekeroog) und von dort auch in die westliche Ostsee kommen.
Im Sommer 2019 gab es Beobachtungen des über sechs Meter Länge erreichenden Gemeinen Fuchshais (Alopias vulpinus ) zwischen Borkum und Helgoland.
Der bis zu zwölf Meter lang werdende ausschließlich zooplanktonfressende und damit für Menschen ungefährliche Riesenhai (Cetorhinus maximus) wurde 2016 vor der Insel Sylt gesichtet.
Auch der bis sechs Meter Große Grauhai / Stumpfnasen-Sechskiemerhai (Hexanchus griseus ), der ebenfalls bis sechs Meter lange Grönlandhai / Eishai (Somniosus microcephalus ), der auch noch vier Meter lang werdende Glatte Hammerhai (Sphyrna zygaena) werden hin und wieder in der Nordsee gesehen. Grönlandhaie können nach Radiocarbonanalysen bis etwa 500 Jahre alt werden und somit das höchste Alter aller Wirbeltierarten erreichen.
Generell bleibt festzustellen: Der internationale Schiffsverkehr entsorgt sein Ballastwasser in Küstennähe und entlässt damit auch die darin schwimmenden Meerestiere, die in anderen Klimazonen heimisch sind (beispielsweise Quallen, Krabben und auch Fische), in die Nordsee und auch in die Ostsee.
Haie in der Ostsee: Die Ostsee ist ein Binnenmeer und nur über wenige flache Meeresarme mit dem Ozean verbunden. Von dort kommt in unregelmäßigen Abständen salziges Wasser in die Ostsee, dann auch mitgeführte Tiere!
Der Heringshai wird bis 3 Meter lang – seit 2004 wurde er in der Ostsee nicht mehr gefangen. Der Kleingefleckte Katzenhai ist der der kleinste heimische Hai, er wird wird nur etwa 60 bis 100 Zentimeter lang und ist noch relativ häufig.
Bisher sind keine Hai-Angriffe in der Ostsee bekannt. Die Hai-Arten, die sich hin und wieder in die Ostsee verirren, sind weitgehend sehr klein und ungefährlich. Und auch wenn sich gefährlichere Arten wie der Blauhai oder der Heringshai in die Ostsee verirren, sind Zusammentreffen sehr selten und bisher für Menschen ungefährlich.
Das Wasser hier ist für diese Tiere einerseits zu kalt, vor allem aber zu wenig sauerstoffreich und zudem zu salzarm.
Das Ansteigen des Meeresspiegels wird das Einspülen salzhaltigeren und sauerstoffreicheren Wassers in die Ostsee verstärken und damit auch die Lebensbedingungen für gefährlichere Haiarten verbessern!
Ein bereits sichtbares Anzeichen für die Einwanderung von Fischen aus wärmeren Gewässern: In der Nordsee werden immer häufiger Schwärme von Sardinen oder Sardellen gesichtet. Angestammten Fischarten wie dem Kabeljau wird es dagegen in der Deutschen Bucht zu warm und sie werden hier seltener.
++++++++++++
Der auffällige rund diskusförmige Mondfisch (Mola mola) ist mit eine Länge von 3,30 Metern und eine Masse von 2,3 Tonnen einer der schwersten Knochenfische der Welt.
Als Nahrung dienen gallertige Tiere wie Quallen und Salpen, Algen, Plankton, kleine Fische (Aallarven, Heringe), kleine Kopffüßer, Meeresschnecken, Krebstiere, Schlangensterne und auch andere kleine Meerestiere.
Die Art kommt in wärmeren Meeren vor: Im östlichen Pazifik von British Columbia bis Chile, im östlichen Atlantik von Skandinavien bis Südafrika, im westlichen Atlantik von Neufundland bis Argentinien, außerdem im Mittelmeer, im Herbst häufig auch in der Nordsee bis in den Skagerrak und den Kattegat.
In deutschen Gewässern sind es immer wieder mal mit Erstaunen gesehene Irrgäste.
Solch ein exotischer Mondfisch (Mola mola) von einem halben Meter Durchmesser wurde beispielsweise 2019 tot am Strand der Ostseeinsel Poel entdeckt. Seit den Achtzigerjahren wurden alle paar Jahre einzelne Mondfische tot gefunden oder auch noch lebend in Fischernetzen in der Ostsee entdeckt.
Timo Moritz, der Leiter für Wissenschaft und Forschung im Meeresmuseum Stralsund, hatte 2018 die Nachweise des Mondfisches in der deutschen Ostsee analysiert: Zwischen 1860 und 2018 konnte er 23 Funde belegen. Bei den ältesten Nachweisen standen zumeist nur Zeitungsberichte zur Verfügung. Die Hälfte der Fische sei bereits tot gewesen.
Gefunden wurden diese Mondfische immer im November oder Dezember und immer waren es Jungtiere von 45 bis 67 Zentimeter Länge.
Diese Fische „biegen“ wohl auf ihren Wanderungen „falsch“ ab: Die Jungfische ziehen in diesen Monaten in Schwärmen an den Küsten entlang und manche kommen dann über den Ärmelkanal in die Nordsee und weiter in die Ostsee.
Lange überleben können sie wegen des niedrigen Salzgehaltes in der Ostsee allerdings nicht.
Die frühere Vermutung, dass diese jungen Mondfische mit Strömen salzhaltigeren Wassers in die Ostsee gespült würden, wird heute als wenig wahrscheinlich angesehen.
++++++++++++
Quallen sind keine zoologisch-systematische Gruppe, sondern ein Lebensstadium von Nesseltieren (Cnidaria), die als Medusen bezeichnet werden. Zum Stamm der Nesseltiere gehören urtümliche Tiere, die schon seit 500 Millionen Jahren in den Meeren leben. Gegenwärtig gibt es etwa 600 bekannte Quallenarten.
Früher wurden die Rippen- oder auch Kammquallen zu den Nesseltieren gerechnet, heute gelten sie aufgrund von DNA-Untersuchungen als eigener mit den Nesseltieren nicht näher verwandter Tierstamm (Ctenophora).
Zu ihnen gehört die auch seit Längerem in der Nordsee heimische Seestachelbeere (Pleurobrachia pileus). Sie wird bis zu drei Zentimeter groß und hat eine kugelige Gestalt mit acht typischen Längsrippen. Die Tiere besitzen zwei bis zu 75 Zentimeter lange Tentakel, mit denen sie Plankton fangen. Mit aufgesperrter Mundöffnung können sie auch direkt von der Wasseroberfläche Organismen aufnehmen.
Die Seestachelbeere gilt als kosmopolitisch, ihr Auftreten ist stark von den Meeresströmungen abhängig und ihre Toleranz bezüglich Salinität und Temperatur ist so groß, dass sie sowohl das Eindringen ins Brackwasser der Ostsee als auch ein Einfrieren überlebt.
++++++++++++
Im Jahr 2006 wurde erstmals die Meerwalnuss (Mnemiopsis leidyi), eine nordatlantische Rippenqualle, in der Ostsee beobachtet. Die Art zählt zu den wenigen Meerestieren, die in der Lage sind, in Sauerstoffminimumzonen (Oxygen Minimum Zones, OMZ) zu überleben. Diese Wasserschichten, in denen die Sauerstoffkonzentration des Wassers extrem niedrig ist, werden auch in der Ostsee immer häufiger. Ideale Bedingungen hat die Meerwalnuss in einer warmen und salzhaltigen Ostsee, sie gehört somit zu den Profiteuren des mit der Erwärmung der Ozeane einhergehenden sinkenden Sauerstoffgehaltes der Meere.
Bei wärmeren Wintern kann diese Raubqualle deshalb auch in der Ost- und Nordsee ein gefährlicher Plankton-Konkurrent von Fischlarven sein.
Sie frisst außerdem die Eier von Dorsch, Grundel, Seestichling oder Wittling sowie Kleinkrebse, vermehrt sich schnell und hat hier auch kaum Fressfeinde.
Schon einmal - von 1980 bis zum Jahr 2000 im Schwarzen Meer - löste diese räuberische Rippenqualle eine ökologische Katastrophe aus. Eingeschleppt wurden die Tiere damals wohl unbemerkt über abgepumptes Ballastwasser von Schiffen.
Ein seit 1970 zunehmender Salzgehalt des Schwarzen Meeres bot der Art damals ideale Lebensbedingungen, auch hier fehlten natürliche Fressfeinde. So konnten diese Quallen Zooplankton, Fischlaich und Krebslarven in Größenordnung fressen, der Bestand an wertvollen Speisefischen wie Anchovis oder Sprotten ging dementsprechend drastisch zurück. Die Biomasse der Rippenquallen im Schwarzen Meer wurde 1989 auf etwa 1 Milliarde Tonnen geschätzt!
Wissenschaftler diskutierten, als biologische Bekämpfungsmaßnahme einen natürlichen Feind der Meerwalnuss, die Melonenqualle (Beroe ovata), einzusetzen. Diese Melonenquallen saugen ihre Beute auf und verdauen sie dann.
Aber nach Pannen bei der Ansiedlung von Fressfeinden wie der Agakröte in Australien, von Spatzen in den USA, Mungos auf Hawaii und Asiatischen Marienkäfern in Europa zögerten die Verantwortlichen und es kam nicht zu einer Ausbringung dieser räuberischen Quallen.
Diese traten dann aber 1997 überraschend ohne weiteres menschliches Zutun im Schwarzen Meer auf. Vermutlich wurden sie ebenfalls über Ballastwasser eingeschleppt. Das endete schließlich mit dem völligen Zusammenbruch der Meerwalnuss-Population im Schwarzen Meer.
Es ist zu erwarten, dass die Melonenquallen nach der weitestgehenden Vernichtung der Meerwalnüsse aufgrund von Nahrungsmangel selbst auch wieder aussterben. Schäden im Ökosystem durch diese Tiere werden nicht erwartet.
Möglicherweise werden Melonenquallen eines Tages auch in der Ostsee zu sehen sein …
Artikel von Dr. sc. Harald Hildebrandt - © Februar 2025.